Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) ist seit ihrem ersten Nachweis in Deutschland im Jahr 2014 in aller Munde. Was als Einzelfall in Baden-Württemberg begann, hat sich zu einem flächendeckenden Phänomen im Westen des Landes entwickelt. Vor allem für Imkerinnen und Imker stellt die invasive Art eine ernste Herausforderung dar. Doch die Forschung steht nicht still. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse verändern nicht nur unser Verständnis über die Hornisse, sondern auch die Strategien zu ihrem Management.
Ausbreitung und der neue Status: Von der „Früherkennung“ zur „Etablierung“
Seit ihrem initialen Auftreten in Waghäusel, Baden-Württemberg, hat sich Vespa velutina rasant ausgebreitet. Zunächst vor allem in den Bundesländern entlang der französischen Grenze, wie Rheinland-Pfalz und das Saarland, ist die Art mittlerweile auch in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Hamburg, Berlin und sogar Bayern nachgewiesen.
Ein Blick auf die Zahlen verdeutlicht die Dynamik: Allein in Baden-Württemberg gab es im Jahr 2024 über 3.300 gemeldete Einzeltierfunde und fast 1.500 Nestfunde, während in Nordrhein-Westfalen über 450 Meldungen eingingen. Besonders auffällig ist, dass sich die Hornisse bevorzugt entlang von Flussläufen wie Rhein und Ruhr ausbreitet, zunehmend aber auch in ländlichen und städtischen Gebieten Fuß fasst.
Diese rasante Entwicklung hat weitreichende Konsequenzen für das Management. Die Europäische Union listet Vespa velutina als „invasive gebietsfremde Art von unionsweiter Bedeutung“. Bis vor Kurzem wurde die Hornisse in Deutschland als „Früherkennungsart“ (Artikel 16 der EU-Verordnung) behandelt. Ziel war die vollständige Ausrottung der Population. Doch die Realität hat sich gewandelt. Aufgrund der starken Ausbreitung in den westlichen Bundesländern wurde der Status von Vespa velutina im März 2025 offiziell auf „etabliert“ umgestellt.
Was bedeutet diese Einstufung konkret? Die behördlich koordinierte Pflicht zur vollständigen Beseitigung der Nester, wie sie in der Früherkennungsphase galt, entfällt in den betroffenen Regionen. Stattdessen liegt der Fokus nun auf dem „Management“ gemäß Artikel 19 der EU-Verordnung. Das bedeutet, die zuständigen Behörden konzentrieren sich auf die Bekämpfung von Nestern in sensiblen Bereichen, zum Beispiel in der Nähe von Bienenvölkern oder im Siedlungsbereich. Die vollständige Tilgung wird als nicht mehr realistisch angesehen. Vielmehr geht es darum, die Dichte der Population zu kontrollieren und negative Auswirkungen zu minimieren.
Forschung im Fokus: Neue Methoden und ökologische Einblicke
Mit der Etablierung der Art verschiebt sich auch die wissenschaftliche Forschung. Standen zu Beginn vor allem Monitoring und das Auffinden der Nester im Vordergrund, konzentrieren sich Wissenschaftler nun auf effizientere und nachhaltigere Management-Strategien.
Eine Schlüsseltechnik bei der Nestsuche ist die Radiotelemetrie. Bei dieser Methode werden einzelne Arbeiterinnen der Asiatischen Hornisse gefangen und mit einem winzigen, nur wenige Milligramm schweren Sender versehen. Die so markierten Tiere fliegen zurück zu ihrem Nest, und Forscher können sie mithilfe eines Empfängers aufspüren. Diese Technik hat sich als äußerst effektiv erwiesen, um Nester in hoher Baumkrone oder an schwer zugänglichen Orten zu lokalisieren. Sie ermöglicht es, die primären Fortpflanzungsstätten der Hornissen zu finden und gezielt zu entfernen.
Eine weitere wichtige Entwicklung ist die Forschung zum Beutespektrum der Hornisse. Eine kürzlich veröffentlichte Studie beleuchtete die Ernährung von Vespa velutina im Detail. Während allgemein bekannt ist, dass Honigbienen einen Großteil der Nahrung ausmachen können – in städtischen Gebieten teils bis zu 85 Prozent –, zeigte die Studie, dass die Hornisse auch eine Vielzahl anderer Insekten erbeutet. Dazu gehören Wespen, Hummeln, Fliegen, Käfer und sogar Spinnen. Das breite Nahrungsspektrum zeigt die hohe Anpassungsfähigkeit der Art, wirft aber auch die Frage auf, welche Auswirkungen dies auf die heimische Biodiversität über die Imkerei hinaus hat. Weitere Forschungen sind notwendig, um die langfristigen ökologischen Folgen dieser invasiven Art zu bewerten.
Was kommt als Nächstes und warum ist Ihre Mithilfe weiterhin wichtig?
Die Umstellung vom Ausrottungsversuch auf das Management der Asiatischen Hornisse ist eine realistische Reaktion auf die Fakten. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir die Herausforderung ignorieren dürfen.
Die Forschung wird sich in den kommenden Jahren verstärkt darauf konzentrieren, noch bessere und nachhaltigere Managementmethoden zu entwickeln. Dazu gehört auch das Verständnis der Populationsdynamik und die Suche nach spezifischen natürlichen Feinden oder Pheromonen, die eine zielgerichtete Bekämpfung ermöglichen.
Für uns alle, ob Hobbyimker, Naturfreund oder einfach interessierter Bürger, bleibt die Wachsamkeit entscheidend. Mit dem Übergang zum Management ist die Meldepflicht in den meisten etablierten Gebieten zwar entfallen, aber die Meldung von Sichtungen und Nestern ist nach wie vor von unschätzbarem Wert für die Forschung und die lokalen Behörden. Indem Sie Funde über die offiziellen Meldeportale der Bundesländer melden, helfen Sie den Wissenschaftlern, die weitere Ausbreitung zu dokumentieren und die Effektivität von Managementmaßnahmen zu bewerten. So tragen Sie aktiv dazu bei, die Auswirkungen der Asiatischen Hornisse auf unsere heimische Fauna zu minimieren.
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